Den Present Bias austricksen
Oder wie ich dachte, dass mein zukünftiges Ich diesen Blogartikel viel schneller schreiben könnte
18.04.2021
Wenn wir prokrastinieren, delegieren wir Aufgaben nicht nur auf später, sondern scheinbar auch an eine andere Person. Wir prokrastinieren, weil es sich für unser jetziges Ich gerade besser anfühlt am Smartphone zu scrollen und sehen unser zukünftiges Ich als eine viel bessere Version von uns, die das bestimmt viel schneller hinbekommt und viel mehr Zeit hat. Schwupps, die Deadline rückt näher und wir haben auf einmal nicht so viel Zeit wie gedacht und wünschten uns, dass wir früher angefangen hätten. Die starke Gewichtung unseres gegenwärtigen Ichs über dem zukünftigen Ich nennt sich

Dieses scheinbar irrationale Verhalten durch Present Bias untersuchten Hershfield und sein Team in einer Studie, in der sie die Studienteilnehmer darum baten, verschiedene Charakterzüge sich selbst, ihrem zukünftigen Ich, einer anderen Person und einer anderen zukünftigen Person zuzuordnen. Dabei fanden sie heraus, dass die Betrachtung des zukünftigen Ichs eher der Betrachtung einer komplett anderen Person gleicht (siehe Bild). Dadurch distanziert man sich selbst von den Problemen, die man auf die Zukunft schiebt und priorisiert die eigenen Bedürfnisse im Moment über denen von morgen.

Aber wenn das eigene Gehirn darauf ausgelegt ist die Gegenwart zu priorisieren, wie kann ich es dann austricksen? Erstmal ist die Zukunft immer nicht soo weit weg wie wir denken. "Die Klausur ist noch 2 Wochen hin" klingt "Die Klausur ist nur noch 14 Tage hin" gar nicht mehr so lang, oder? Kümmere dich also jetzt schon um dein zukünftiges Ich und mache es ihm so einfach wie möglich. Wenn du jetzt einen Lernplan schreibst und deinen Schreibtisch aufräumst, muss du dir morgen keine Sorgen mehr darum machen, wo du jetzt anfangen sollst. Du willst nicht mehr so viel Süßes essen? Leg dir gesunde Snacks bereit! Mehr Sport machen? Leg deine Sportkleidung am Abend vorher hin. Manchmal muss es auch sein, dass etwas unmöglich für das zukünftige Ich wird: Ich blocke während meiner Arbeitszeit häufig YouTube und Co, die meine persönlichen Prokrastinationsfallen sind. Außerdem setze ich mir kleine Belohnungen für mein nicht-sooo-zukünftiges Ich, um mich zu motivieren. Irgendwie kann ich mir die Anna in vier Stunden, die Kekse ist und Serien schaut besser vorstellen als die Anna in drei Wochen, die ihre Bachelorarbeit abgeben muss (Ja, das sind nur noch 21 Tage, Anna!).
Vielleicht schafft ihr es mit diesen Tipps ja, ein bisschen netter zu eurem Ich von morgen zu sein. Mehr zu dem Thema und den Artikel, der diesen inspiriert hat, findet ihr hier und hier. In meinem Blogartikel "Zurück in die Zukunft" erfahrt ihr außerdem wie Zeit eure Emotionen beeinflusst und falls ihr euch im Namen der Zukunft gegen Prokrastination wehren wollt, findet ihr hier meine Tipps dazu.
Bis zum nächsten Mal!