Zurück in die Zukunft! oder Wie Zeit unsere Emotionen beeinflusst
01.11.2020
Wie jetzt, Zeitreisen? Ich muss euch leider enttäuschen, aber nach diesem Blogeintrag könnt ihr nicht tatsächlich wie Marty McFly und Doc Brown in die Vergangenheit oder die Zukunft reisen. Wäre wahrscheinlich auch ganz schön anstrengend. Dennoch ist es spannend, dass unsere Emotionen intensiver sind, wenn wir auf zukünftige Ereignisse schauen anstatt auf vergangene. Das besagt eine Studie von Leaf van Boven und Laurence Ashworth aus dem Jahre 2007. Wie ihr das mit Hilfe von kleinen Zeitreisen zu eurem Vorteil nutzen könnt, erfahrt ihr jetzt.

In ihrer Studie "Looking Forward, Looking Back: Anticipation Is More Evocative Than Retrospection" haben die Autoren in fünf Experimenten herausgefunden, dass zukünftige Events emotional intensiver wahrgenommen werden als in Retrospektive. Dafür nennen sie drei mögliche Erklärungen:
- Unsicherheit: Zukünftige Ereignisse sind immer unsicherer als schon vergangene. Diese Unsicherheit verstärkt emotionale Reaktionen und sorgt dafür, dass wir diese weniger rationalisieren können.
- Vorstellung vs Realität: Wir sagen meistens stärkere emotionale Reaktionen voraus, als wir sie tatsächlich haben. Im Rückblick findet auch ein Rationalisierungsprozess statt, wie er es vorher noch nicht stattfindet.
- Mentale Simulation: Zukünftige Szenarien werden häufiger durchgespielt als vergangene. Dies verstärkt weiter unsere Wahrnehmung der Emotionen.
Gerade in den letzten Monaten ist natürlich der Faktor der Unsicherheit gestiegen während gleichzeitig Events abgesagt werden mussten. Das heißt aber nicht, dass ich es mir nicht nehmen haben lasse, mich auf etwas zu freuen! Mein Halbmarathon, den ich im Juni laufen wollte, wurde natürlich als das Laufevent mit all den Läufern abgesagt. Also bin ich alleine gelaufen, habe meine eigene Unterstützung mitgebracht und eigene T-Shirts und eine Medaille bedrucken lassen. Nicht immer muss es so groß sein, auch digitale Spiele- oder Kinoabende sind gute Dinge, auf die man sich freuen kann.
Egal, ob also positive, negative, regelmäßige oder hypothetische Events: Wenn diese in der Zukunft liegen, nehmen wir sie intensiver wahr als in der Retrospektive, so Ashworth und van Bolven. Für mich leite ich daraus zwei Regeln ab:
- Habe immer etwas, worauf du dich freust.
Dabei muss man selbst für sich schauen, in welcher Regelmäßigkeit das ist. Ich mag es, mindestens ein Ereignis in der Woche zu haben, auf das ich mich freue. Das kann ein Backnachmittag mit mir selbst sein oder ein Abend mit meinen Freunden. Die Vorfreude, die man das Ereignis spürt, hat laut der Studie "Well-being and Anticipation for Future Positive Events: Evidences from an fMRI Study" auch weitere positive Auswirkungen: Sie erhöht die Belohnungssensitivität, verbessert die Erinnerung an positive Reize, gibt einem ein gutes Gefühl und ist mit einem höheren Wohlbefinden verbunden. Zudem verringert Erwartung eines positiven Ereignisses laut einer Studie von Monfort et al. auch negative Emotionen wie z.B. Stress. - Schaue auf negative Ereignisse so, als wären sie schon in der Vergangenheit.
Zurück in die Zukunft! Um den Rationalisierungsprozess schon vorher anzufangen, kann es helfen, euch vorzustellen, die negativen Ereignisse wären bereits eingetreten. Wie fühlt ihr euch? Vor welchen Problemen steht ihr jetzt und was sind mögliche Lösungen? Wie relevant ist das Ereignis in fünf Jahren? Wenn man einmal dieses Szenario durchdenkt, schafft man sogar weniger Unsicherheit, weil man schon über mögliche Schritte und Lösungen nachgedacht hat.
Auch die Autoren van Bolven und Ashworth folgern, dass die Zufriedenheit im Leben von der Zeitperspektive beeinflusst wird: Ob wir nach vorne schauen oder in die Vergangenheit. Wichtig ist also, dass ihr versucht kleine Zeitreisen zu eurem Vorteil zu nutzen (leider bisher nur als mentale Simulation und nur in eine mögliche Zukunft machbar). Fangt also am besten direkt an und plant euer nächstes Event oder freut euch einfach auf den nächsten Blogbeitrag in zwei Wochen!